Rückblick
Im Immobilienmarkt bauen sich trotz positiver Konjunktursignale zunehmend Bewertungsrisiken auf
Bei der 9. Ausgabe Schweizer Finanz- und Immobilienkongress 2016 bildeten die Entwicklungen, Chancen und Risiken in den beiden Sektoren einen thematischen Schwerpunkt. Eine Momentaufnahme des Schweizer Immobilienmarktes lieferte Prof. Dr. Donato Scognamiglio, CEO der IAZI AG, in seinem ausführlichen Referat.
Anspruchsvolles Marktumfeld
Nach wie vor bleibt das Marktumfeld für institutionelle und private Immobilienanleger sehr anspruchsvoll, obwohl die Konjunkturbarometer für 2017 ein leicht höheres Wirtschaftswachstum prognostizieren. Solange der Schweizer Franken in Zeiten politischer Unsicherheit als Fluchtwährung einen sicheren Hafen verspricht, wird die Schweizerische Nationalbank nicht von ihrem gegenwärtigen Kurs abweichen.
Der daraus resultierende Anlagenotstand treibt somit weitere Gelder in direkte Immobilienanlagen, weil sich im Vergleich zu festverzinslichen, börsenkotierten Finanztiteln immerhin eine positive Rendite erzielen lässt. Die hohe Volatilität an den Aktienmärkten seit der letzten Finanzkrise lässt Anleger ebenfalls von einer Reallokation zurückschrecken. Besonders institutionelle Immobilienanleger geben sich schon teilweise mit Renditen unter 3% zufrieden, wenn sie als Alternative eine unsichere Aktienanlage, Nullkupons oder gar Strafzinsen für Geldanlagen gegenwärtigen müssen.
Höhere Zinsen in den USA nicht ausgeschlossen
Es darf zu erwarten sein, dass die Finanzmärkte weiterhin durch die geopolitischen Unsicherheiten unter Druck geraten, wobei der Brexit vorerst zu stärkeren Kursverlusten führte als die Wahl des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass der Wahlsieg in den Börsenkursen bereits eingepreist war. Sollte der gewählte US-Präsident seine in Bezug auf die Wirtschaft gemachten Wahlversprechen – insbesondere Steuersenkungen und Investitionen in Infrastrukturprojekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen – auch wirklich umsetzen, wäre eine spürbare Rückkehr der Inflation einhergehend mit höheren Zinsen in den USA nicht ausgeschlossen. Gerade dies hätte unweigerlich Auswirkungen auf den hiesigen Hypothekar- und Immobilienmarkt.
Wachsende Leerstände
Nach einer mehr als zweijährigen Seitwärtsbewegung sind die Preise für Wohneigentum gesamtschweizerisch wieder leicht angestiegen. Recht zugelegt im 3. Quartal hat die Wachstumsrate für Eigentumswohnungen mit 1.5%. Gegenüber dieser Tendenz verzeichnet der Immobilienmarkt wachsende Leerstände, was auf eine Abschwächung der Nachfrage hindeutet. Der Grund mag in der geringeren Einwanderung als Folge der immer noch währenden Unsicherheit bezüglich der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative liegen. Doch höhere Leerstände in einzelnen Wohnungstypen deuten auch darauf hin, dass sich Eigenheiminteressenten in ihren Bedürfnissen einschränken, wenn der Traum nach einem Eigenheim durch verschärfte Kreditvorgaben oder durch das anhaltend hohe Preisniveau einem nüchternen Pragmatismus weicht.
Wertkorrekturen für den Immobiliensektor?
Zu dieser Entwicklung gesellt sich eine schweizweit solide Bautätigkeit, wobei Tourismusregionen wie beispielsweise Wallis und Graubünden die Folgen des im Jahr 2016 in Kraft getretenen Zweitwohnungsgesetzes spüren mussten. Parallel dazu bleibt der Spielraum für Mieterhöhungen weiterhin eng. Eine weitere Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes wird Mitte 2017 erwartet. Dies würde die Bestandsmieten unter Druck setzen, wenn viele Mieter das Recht zu einer Mietzinssenkung geltend machen würden. «Aufgrund dieser zusammenwirkenden Faktoren wäre es nicht ausgeschlossen, dass der Immobiliensektor im nächsten Jahr mit Wertkorrekturen und einer empfindlichen Preiskorrektur rechnen müsste», sagt Donato Scognamiglio.







